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Führung in interkulturellen Teams – Interkulturelle Kommunikation

Neben Dimensionen wie dem Alter, des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung ist Kultur eine Dimension von Diversity. Interkulturelle Teams heute keine Seltenheit mehr. Die Arbeit in solchen Teams bringt viele Vorteile mit sich, kann jedoch zur Herausforderung werden. Zur Lösung von Konflikten hilft Kommunikation. Doch gerade hier liegt oft der Grund für die Schwierigkeiten. Denn die Art und Weise wie wir miteinander kommunizieren ist kulturell geprägt und daher oft nicht nur Teil der Lösung, sondern auch Teil des Problems.

Was macht interkulturelle Kommunikation aus?

In ihrem Buch “The Culture Map“ stellt Erin Meyer acht Dimensionen vor, die für Führungskräfte im interkulturellen Kontext relevant sind. Die ‚Culture Map‘ zeigt, wie sich Kulturen auf einem Spektrum von einem Extrem zum anderen unterscheiden können. Auf dem Spektrum werden die Kulturen im Vergleich zu anderen platziert, das heißt, es handelt sich nicht um absolute Wertungen, sondern die Bewertung der Kultur relativ zu einer anderen.


Die acht Dimensionen sind:

1. Kommunikation: low-context vs. high-context

2. Bewertung: direktes negatives Feedback vs. indirektes negatives Feedback

3. Überzeugung/ Persuasion: principles-first vs. applications-first

4. Führung: egalitär vs. hierarchisch

5. Entscheidung: Konsensbasiert vs. top-down

6. Vertrauen: Aufgabenbasiert vs. Beziehungsbasiert

7. Konfrontation: Konfrontativ vs. Vermeidung von Konfrontation

8. Planung/ Zeit, Zeitgefühl: linear vs. flexibel


1 Kommunikation

In low-context Kulturen ist die Kommunikation präzise, einfach und klar. Das was gesagt wird, ist das was gemeint wird. Im Gegensatz dazu findet in high-context Kulturen vieles „zwischen den Zeilen“ statt. Kommunikation ist also nuancierter und vielschichtiger. Hier geht es oft eher um das was impliziert wird, als das was direkt gesagt wird.

Warum eine Kultur high oder low-context ist, liegt meistens in ihrer Geschichte begründet. High-context Kulturen haben häufig eine lange gemeinsame Tradition, während low-context Kulturen häufig in Einwanderungsländern bestehen. Ein Beispiel wären für eine low-context Kulturen wären die USA, deren Kultur von vielen Einflüssen und Hintergründen beeinflusst wurde. Da die Menschen hier wenig geteilten Kontext hatten, musste man sich von jeher klar und präzise ausdrücken. Im Gegensatz dazu steht Japan, eine high-context Kultur mit einer langen gemeinsamen Tradition.


2 Bewertungen und Feedback

Die beste Kritik ist konstruktive Kritik, darin sind sich vermutlich alle einig. Was jedoch unter konstruktiver Kritik verstanden wird, unterscheidet sich teilweise stark zwischen den Kulturen. Negatives Feedback zu bekommen ist unangenehm und kann, wenn es falsch kommuniziert oder aufgefasst wird, verletzend sein. Das Spektrum reicht hier von Ländern in denen Kritik sehr direkt kommuniziert wird (bspw. Israel, Niederlande oder Deutschland) bis zu Ländern, wo Kritik eher implizit, sozusagen ‚durch die Blume‘ kommuniziert wird (bspw. Japan oder Thailand). Es gibt sowohl high-context, als auch low-context Kulturen, die Kritik sehr direkt kommunizieren.


3 Überzeugung/ Persuasion

Auch die Art und Weise, wie wir andere Menschen versuchen zu überzeugen und wie wir argumentieren ist kulturell geprägt. Meyer unterscheidet zwischen ‚principles first reasoning‘ oder auch deduktivem Denken und ‚applications first reasoning‘, was eher dem induktiven Vorgehen entspricht. Der Unterschied lässt sich gut am Beispiel von Mathematik-Unterricht in Schulsystemen erklären. Während in ‚principles-first‘- Unterricht zunächst das allgemeine Prinzip erklärt wird und dann eine Formel zur Anwendung entwickelt wird, wird in ‚applications-first‘- Unterricht zunächst die Formel und die Anwendung gelernt und später das allgemeine Konzept hinter der Formel gelernt. Zu wissen, dass sich das Prinzip der Überzeugung zwischen Kulturen unterscheidet, kann besonders wichtig werden, wenn man ein interkulturelles Team versucht von den eigenen Ideen zu überzeugen. Typische ‚principles-first‘-Kulturen sind Italien, Spanien oder Frankreich, während typische ‚applications-first‘-Kulturen Australien, Kanada oder die USA sind.


4 Führung

Die Skala der Dimension Führung beruht auf dem Konzept der Machtdistanz von dem niederländischen Sozialpsychologen Geert Hofstede. Die Machtdistanz beschreibt, inwieweit eine ungleiche Verteilung von Macht akzeptiert und erwartet wird. Hohe Werte stehen dafür, dass Macht sehr ungleich verteilt ist. Gestützt wird das Konzept unter anderem von der GLOBE-Studie, einer kulturvergleichenden Untersuchung zum Thema Leadership in Unternehmen. Hier wurden über einen Zeitraum von über 10 Jahren etwa 17.000 Führungskräfte und Manager*innen aus 62 verschiedenen Ländern befragt.

Ländern mit einem egalitären Verständnis von Macht, wie beispielsweise skandinavische Länder, sehen die Führungskraft als Teil des Teams und präferieren flache Hierarchien. Im Gegensatz dazu stehen Länder mit einem hierarchischen Ansatz, wie asiatische Länder, die feste Hierarchien und eine starke Führungskraft bevorzugen. Zu wissen, wie das Verständnis von Macht und Führung in der jeweiligen Kultur ist, kann essenziell sein für die Motivation des Teams.


5 Entscheidungen

Meyer unterscheidet zwischen konsensbasierten und Top-Down-Entscheidungskulturen. In konsensbasierten Kulturen werden Entscheidungen in Gruppen durch ein einstimmiges Votum getroffen. Das kann dazu führen, dass der Prozess bis zu Entscheidungen länger braucht, da jede Person eingebunden werden muss. Ist die Entscheidung einmal getroffen, so wird diese nicht weiter diskutiert und schnell implementiert. In einer Top-Down-Kultur ist meistens eine Person hauptverantwortlich für die Entscheidung. So kann es sein, dass die Entscheidung im Prozess erstmal sehr schnell getroffen wird, aber diese ist flexibel und kann danach noch diskutiert und verändert werden. Insofern kann es länger dauern, bis die Entscheidung letztendlich implementiert wird. Länder mit einer starken Top-Down-Kultur sind beispielsweise Indien, Russland und China, während sich auf der anderen Seite des Spektrums Japan, Schweden oder die Niederlande befinden.


6 Vertrauen

Mit der Dimension ‚Vertrauen‘ soll aufgezeigt werden, wie Vertrauen in der jeweiligen Kultur gebildet wird. Die Skala reicht hier von kognitivem Vertrauen (Aufgaben-/Sachorientierung) zu affektivem Vertrauen (Beziehungsorientierung). In aufgabenorientierten Kulturen, wie den USA, Deutschland oder Dänemark, entsteht Vertrauen durch zuverlässige und gute Zusammenarbeit. So werden gegenseitiger Respekt und Wertschätzung etabliert. In beziehungsorientierten Kulturen, wie den BRIC Staaten, geht es primär um die menschliche Beziehung und Vertrauen wird durch Sympathie und gemeinsame Erlebnisse aufgebaut.


7 Konfrontation

Einige Kulturen sind tendenziell konfrontativer als andere. So wird beispielsweise in Israel, Frankreich oder auch Italien gerne und viel diskutiert und Unstimmigkeiten als positiv empfunden. Konfrontation wirkt sich nicht negativ auf die Beziehung aus. In wenig konfrontativen Kulturen beispielsweise aus dem asiatischen Raum ist es genau umgekehrt. Konfrontation wird kaum offen ausgetragen und als kontraproduktiv für die Beziehung betrachtet.


8 Planung/ Zeit und Zeitgefühl

Meyer stützt sich bei dieser Skala auf die Forschungen des Anthropologen Edward Hall. Er unterscheidet die Kulturdimensionen polychrones und monochromes Zeitverständnis. In polychronen Kulturen wird ein eher flexibles Verständnis von Zeit gelebt. Das bedeutet, dass Termine und Uhrzeiten eher als Richtwerte verstanden werden. In monochromen Kulturen werden Termine dagegen exakt eingehalten. Ein sehr typisches Beispiel ist hier die deutsche Pünktlichkeits-Kultur. In anderen Ländern wird es dagegen nicht erwartet, sondern eher als unhöflich empfunden, wenn man zu einer Einladung pünktlich erscheint.

Ein Beispiel für eine kulturvergleichende Map:


Beispiel einer vergleichenden Culture Map
Quelle: Meyer (2014), S.202

Fazit

Die Culture Map bietet einen ersten Überblick über Traditionen und Gewohnheiten verschiedener Kulturen und kann helfen, sich in der Führung interkultureller Teams zurechtzufinden und erfolgreicher zu sein. Denn Führungskräfte nehmen im Diversity Management eine besonders wichtige Rolle und Vorbildfunktion ein. Wenn Führungskräfte sensibel auf kulturelle Differenzen reagieren, legen sie den Grundstein für weitere erfolgreiche Diversity-Maßnahmen.


Weiterführende Literatur:

Meyer, E. (2014). The Culture Map. Decoding How People Think, Lead and Get Things Done Across Cultures. Public Affairs.

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